Blog Finanzplatz Stuttgart

Christoph Lammersdorf, Vorstandsvorsitzender der Börse Stuttgart AG

18.2.2014 - Interview mit Christoph Lammersdorf, Vorstandschef der Börse Stuttgart, über das Verhalten von Privatanlegern, das Handelssegment Bond-M und das neue Börsensystem der Nasdaq für Stuttgart.

Herr Lammersdorf, im Januar diesen Jahres hat die Börse Stuttgart den höchsten Monatsumsatz seit dem August 2011 verzeichnen können.  Haben nun die Anleger verstanden, dass sie nicht nur in Bundesanleihen oder Sparbücher investieren dürfen, um ihr Kapital zumindest zu erhalten?
Tatsächlich sind die Privatanleger zum Jahresauftakt aktiver als in den letzten zwei Jahren. Turbulenzen in einigen Schwellenländern haben für fallende Kurse, größere Dynamik und erhöhte Volatilität gesorgt. Das hat Interesse bei denjenigen Anlegern geweckt, die ihre Chancen am Kapitalmarkt aktiv nutzen wollen – etwa mit einem Einstieg bei einer Kurskorrektur oder mit kurzfristigem Trading. Bei der großen Mehrheit der Privatanleger ist allerdings noch keine Trendwende in Sicht. Nach wie vor müssen die Finanzbranche und die Politik gemeinsam daran arbeiten, dass sich eine breitere Anlegerkultur entwickeln kann. Mit jedem Jahr, in dem die Zinsen auf niedrigem Niveau verharren, steigt die Gefahr, dass klassische Anlageinstrumente für die Altersvorsorge nicht ausreichen. Deutschland braucht also mehr Privatanleger, die ihr Geld anders anlegen als bisher.

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Christoph Boschan, Vorstandsmitglied der Börse Stuttgart, läutet die Börsenglocke (links: Börsenexperte Markus Koch).

Wenn Privatanleger Wertpapiere handeln, sollten sie dies an einem regulierten Markt tun. Nur dort genießen sie das Maß an Regulierung, das ihnen eine verlässliche, transparente Ausführung ihrer Orders garantiert, sagt Christoph Boschan von der Börse.

Weil die Europäische Union mehr Wettbewerb zwischen und gegenüber den Börsen schaffen wollte, hat sie 2007 die Gründung von Wertpapierhandelsplattformen erleichtert. Seitdem ist die Zahl der Handelsplattformen in Europa auf rund 150 angewachsen, wobei es sich bei rund einem Drittel um regulierte Märkte, also Börsen, handelt. Die anderen zwei Drittel sind außerbörsliche Plattformen, für die in gewissen Abstufungen wesentlich laxere Überwachungsmechanismen  gelten als an den regulierten Börsen. Im Zuge dieser Entwicklung werden häufig Aufträge von Privatanlegern an diesen nicht regulierten Märkten ausgeführt, ohne dass dies den Auftraggebern immer bewusst ist. „Privatanleger aber gehören an die Börse“, sagt Christoph Boschan, Vorstandsmitglied der Börse Stuttgart.

Nur dort würden diese den Vorzug einer unabhängigen Handelsüberwachung, einer neutralen Preisermittlung oder einer vollständigen Vor- und Nachhandelstransparenz genießen können. „Weil die börsliche Handelsüberwachung die Orderausführung lückenlos kontrolliert und bei Ungereimtheiten von sich aus tätig wird, ist sie der engste Verbündete des Privatanlegers“, erläutert Boschan. Diese Funktion sowie die zahlreichen anderen Services der Börse brächten  Privatanleger auf Augenhöhe mit institutionellen Handelsteilnehmern. Die Handelsüberwachung, so der Börsenmanager, sei so etwas wie ein Anwalt des Privatanalegers und die Börse werde schließlich zum neutralen Schiedsrichter zwischen den Handelsteilnehmern.

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