Vor diesem Hintergrund stellt auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) eine hohe Beliebtheit des Schuldscheindarlehens fest. Zahlreiche Konzerne nutzten vor allem in den Jahren 2008 und 2009 nach dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise dieses Finanzierungsinstrument, weil die Bondmärkte damals nahezu verschlossen waren beziehungsweise sehr hohe Risikoprämien forderten. „Viele Unternehmen ergänzten dadurch ihren Werkzeugkasten an Finanzierungsinstrumenten und weiteten ihre Investorenbasis aus, was gerade in Krisenzeiten für Unternehmen von großem Vorteil ist“, erläutert Karl-Heinz Bühner, Head of Corporate Private Placement Origination bei der LBBW. Der Schuldschein habe sich dadurch etabliert und sei inzwischen im Finanzierungsmix von größeren Mittelständlern und Großkonzernen nicht mehr wegzudenken. Der Trend, bilaterale Haus- beziehungsweise Kernbankendarlehen durch Schuldscheindarlehen respektive Anleihen zu ersetzen, ist laut LBBW weiterhin in Takt. „Das heißt, die Basisfinanzierung wird mittels Reservekreditlinie bei den Hausbanken abgedeckt, während die Liquiditätsaufnahme über den Kapitalmarkt beziehungsweise kapitalmarktnahe Produkte erfolgt“, so Bühner.
Wie es in der Studie weiter heißt, haben Unternehmensanleihen in Deutschland in der Vergangenheit als Finanzierungsinstrument allenfalls für Großkonzerne eine nennenswerte Rolle gespielt. Inzwischen aber habe ihre Bedeutung – nicht zuletzt unter dem Eindruck der Finanzkrise erheblich zugenommen, stellen die Autoren von Creditreform und IKB fest. Die Zahl der Emittenten hat sich stark erhöht. So haben sich neben den Großunternehmen in den letzten Jahren auch mittelgroße Firmen für eine Anleiheemission entschieden.
„Es ist gut, dass sich der Kapitalmarkt für den Mittelstand öffnet“, sagt dazu Siegfried Stangohr, Vorsitzender der Geschäftsleitung Mittelstandsbank Gebiet Stuttgart von der Commerzbank AG. Alternative Finanzierungsmöglichkeiten seien völlig in Ordnung. Doch auch für den Gang an den Kapitalmarkt benötigten die Unternehmen kompetente Bankpartner. Außerdem gebe es dabei eine größenabhängige Komponente. Nicht jedes kleine oder mittlere Unternehmen könne sich über Anleihen finanzieren. Vor diesem Hintergrund werden Bankkredite weiterhin einen hohen Stellenwert in der Unternehmensfinanzierung einnehmen, so die Commerzbank. „Eine einseitige Abhängigkeit endfälliger Strukturen verbietet sich von selbst. Ein zu großer Anteil in der Bilanz wird schnell zu einem Risiko“, meint Stangohr. Daher werde es künftig in erster Linie darum gehen, individuelle Finanzierungen zu entwickeln, die zum jeweiligen Unternehmen passen. „Die beste Unabhängigkeit ist bezogen auf die Ertragskraft eine niedrige Verschuldung und dabei hilft ein tragfähiges Geschäftsmodell, das man als Bank auch verstehen will“, macht er klar.
Insgesamt gehen die Autoren der IKB-/Creditreform-Studie davon aus, dass die Kapitalmarktfinanzierung wachsende Bedeutung erlangen wird. Dies gelte umso mehr, als die Unternehmen, auch dank ihrer zunehmenden internationalen Präsenz verstärkt in den Fokus ausländischer Kapitalmarktinvestoren geraten. Bei diesen wachse das Interesse, sich zum Beispiel über Anleihen im leistungsstarken deutschen Mittelstand zu engagieren. „Und die Chance, die Finanzierungspotenziale des internationalen Kapitalmarktes zu nutzen, sollten wachstumsorientierte Unternehmen nutzen, zumal sie in Zukunft verstärkt in ausländischen Märkten investieren werden“, schlussfolgern die Autoren der Analyse.
Auch nach den Beobachtungen der Deutschen Bank stellen sich die Unternehmen fortlaufend solider hinsichtlich ihrer Finanzierung auf. „Dabei wird auf Mittel beziehungsweise langfristige Finanzierungssicherheit geachtet, Eigenmittel werden gestärkt und auch von geeigneten Finanzierungsalternativen Gebrauch gemacht“, erläutert Thomas Keller, Sprecher der Geschäftsleitung Deutsche Bank Stuttgart und verantwortlich für das Firmenkundengeschäft in Württemberg. So geht das Kreditvolumen inländischer Unternehmen bei Banken unter leichten Schwankungen seit 2008 kontinuierlich zurück. Während es 2008 noch 902 Milliarden Euro betrug, sind es per März 2014 noch 856 Milliarden Euro gewesen. Gleichzeitig haben die Anleiheemissionen im gleichen Zeitraum um 40 Milliarden Euro zugelegt. Da liegt die Annahme nahe, dass die Unternehmen Bankkredite in Anleihen umschulden – was für Keller einen Trugschluss darstellt. „Bei Großunternehmen mag das zwar zutreffen, aber die nun seit Jahren rückläufigen Kreditvolumina erklären sich in der Breite des Mittelstandes im Wesentlichen durch andere Phänomene: insgesamt gute Liquiditätslage bei den Unternehmen, geringere Investitionstätigkeit, verhaltenes Wirtschaftswachstum, besseres Working Capital Management, Verlagerung von Investitionen ins Ausland und deren Finanzierung vor Ort“, resümiert der erfahrene Kenner des hiesigen Mittelstands.