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Invest leistet Beitrag zur Anlegerbildung

3.4.2014 - Interview mit Christoph Lammersdorf, Vorstandschef der Börse Stuttgart AG, über den Beitrag der Finanzmesse Invest zur Anlegerbildung und zum Kapitalmarktwissen der Anleger. Die rückläufige Aktionärsquote in Deutschland sei bedenklich, sagt er.

Inwieweit kann die Invest einen Beitrag zur Anlegerbildung leisten?

Bei Wertpapieren gilt der Dreiklang: Informieren, entscheiden, handeln. Im ersten Schritt müssen sich Anleger also mit möglichen Anlagealternativen auseinandersetzen. Auf der Invest sind Handelsplätze und Anbieter unterschiedlicher Finanzprodukte mit Ansprechpartnern vertreten. Zudem bietet die Messe ein umfangreiches Angebot an Expertenrunden, Live-Interviews und Vorträgen. Dieser direkte Zugang zu Experten und das persönliche Gespräch mit ihnen machen die Invest einzigartig. Einen weiteren Beitrag zur Anlegerbildung leistet der Altersvorsorgekongress, der in diesem Jahr erstmals im Rahmen der Invest stattfindet. Er richtet sich insbesondere auch an junge Leute, die schon jetzt entsprechend vorsorgen müssen, um ihren Lebensstandard auch im Alter ohne Einschränkungen halten zu können.

 

Was können Anleger darüber hinaus noch für ihr Kapitalmarktwissen tun?

Bevor Geld investiert wird, muss Zeit investiert werden. Anleger sollten dem Thema Finanzen und Geldanlage eine höhere Priorität einräumen. Das kann damit beginnen, dass sie dem Wirtschaftsteil der morgendlichen Tageszeitung mehr Aufmerksamkeit widmen. Auch die Börse Stuttgart bietet Privatanlegern verschiedene Möglichkeiten, sich Finanzwissen anzueignen. Hierzu veranstalten wir zweimal im Jahr spezielle Seminarreihen für Privatanleger. Auf unserer Internetseite gibt es zahlreiche Produktfinder und Echtzeitkurse zu allen handelbaren Wertpapieren. Dort können Anleger auch ein Musterdepot mit Beobachtungslisten und Benachrichtigungsfunktionen anlegen. Zudem ist ein Börsen-ABC abrufbar, das in kurzen Videos alltägliche Begriffe aus dem Börsenhandel leicht verständlich erklärt.

Dennoch scheinen die Deutschen ein Volk von Aktienmuffeln zu sein. 2013 ist die Zahl der direkten und indirekten Aktionäre trotz einer Börsenhausse von 14,7 auf 13,8 Prozent zurückgegangen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Diese Entwicklung ist bedenklich, insbesondere wenn man den Aspekt der Altersvorsorge betrachtet. Um langfristig Vermögen aufzubauen und den Lebensstandard auch im Alter zu halten, sind neue Konzepte gefragt. Vor diesem Hintergrund müssen sich Anleger mit den Kapitalmärkten und den sich dort bietenden Anlagemöglichkeiten befassen. Deutschland braucht mehr Privatanleger, die ihr Geld anders als bisher anlegen. Nicht zuletzt deshalb steht das Thema Aktienkultur auch auf der diesjährigen Invest im Fokus.

 

Haben Sie einen ganz privaten Tipp für eine Veranstaltung, die man unbedingt besuchen sollte?

Am Freitag, 4. April, um 11.30 Uhr steht eine Diskussion mit dem Titel „Aktienkultur in Deutschland: Wo sind all’ die Anleger hin?“ auf dem Programm – natürlich am Stand der Börse Stuttgart. Mit dem Leiter des ARD-Börsenstudios, Markus Gürne, und Franz-Josef Leven, dem Geschäftsführer des Deutschen Aktieninstituts, konnten wir prominente Experten für diese Diskussionsrunde gewinnen.

 

Welche Bedeutung besitzt die Invest für die Börse Stuttgart, die ja Mitveranstalter der Messe ist?

Für uns hat die Invest inzwischen Stellenwert: Sie ist nicht nur der Höhepunkt der alljährlichen Stuttgarter Finanzwoche, sondern die Leitmesse zum Thema Finanzen und Geldanlage in Deutschland. Als Privatanlegerbörse sind wir stolz darauf, dass wir gemeinsam mit der Messe Stuttgart eine Plattform etablieren konnten, die mittlerweile in ihr 15. Jahr geht.

 

Was sind Ihres Erachtens die größten Herausforderungen für die Börse Stuttgart als Unternehmen im Jahr 2014?

Der Wettbewerb im Wertpapierhandel ist heute wesentlich vielfältiger, als dies früher der Fall war. Darüber hinaus findet der Handel immer seltener an hochregulierten Börsen statt. Vor allem im Aktienbereich fließen viele Orders von institutionellen Anlegern an weniger regulierte multilaterale Handelssysteme, die sogenannten MTFs, oder werden außerbörslich „over the counter“ ausgeführt. Auch das regulatorische Umfeld bietet Herausforderungen für die Börse Stuttgart. Exemplarisch sei hier die geplante Finanztransaktionssteuer genannt: Sie wird Privatanleger nach jetzigem Stand unnötig belasten, da sie entlang der Transaktionskette weitergegeben würde. Zudem sollen die liquiditätsspendenden Transaktionen von Market Makern und Handelsexperten besteuert werden, so dass auch die Liquidität an den Märkten zurückgehen wird. Eine Steuer, die Privatanleger derart trifft, betrifft natürlich auch die Privatanlegerbörse.

 

Wie sollen sich Anleger nach Ihrem Rat angesichts der herrschenden politischen Instabilitäten derzeit verhalten?

Einen Königsweg gibt es nicht. Angesichts der politischen Börsen sichern einige Anleger derzeit das erreichte Niveau und realisieren Gewinne, während andere eher Chancen in den Blick nehmen – etwa mit einem Einstieg bei einer Kurskorrektur oder mit kurzfristigem Trading. Grundsätzlich gilt: Anleger sollten sich umfassend informieren und ihre Kenntnisse zum Thema Finanzen kontinuierlich erweitern. Nur dann sind sie in der Lage, die aktuelle Marktlage für sich einzuordnen, passende Investitionsentscheidungen zu treffen und dementsprechend zu handeln.

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